Was die EZigarette nicht ist – Teil 2: Präsentationsarzneimittel?

In den letzten Wochen und Monaten wurde immer wieder die Frage auf den Tisch geworfen, in welche Produktkartegorie die EZigarette eigentlich gehört. Diese Frage versuche ich in einer mehrteiligen Serie zu beantworten, indem ich “das Pferd von hinten aufzäume” und erkläre, was die EZigarette nicht ist.

Nachdem ich in Teil 1 geklärt habe, warum die EZigarette keine Tabakzigarette bzw. nicht ein den „Tabakwaren gleichgestelltes Erzeugnis“ ist, kommen wir heute zu der Frage:

Ist die EZigarette ein Präsentationsarzneimittel?

Was genau ein Präsentationsarzneimittel ist, wird in dem  Gemeinschaftskodex für Humanarzneimittel oder auch  Richtlinie 2001/83/EG geklärt. Genauer gesagt, ist in dem Abschnitt „Begriffsbestimmungen“ auf Seite 5 der verlinkten Richtlinie zu lesen:

2. Arzneimittel:

Alle Stoffe oder Stoffzusammensetzungen, die als Mittel zur Heilung oder zur Verhütung menschlicher Krankheiten bezeichnet werden;

In dieser Definition bedeutet „bezeichnet werden“ nichts anderes als „jemand behauptet, dass das Mittel etwas heilt“ – Nicht, dass es wirklich etwas heilt!

Dazu ein kurzes, simplifiziertes Beispiel wie man ein Präsentationsarzneimittel herstellen kann:
  1. Nimm eine Blume, trockne sie, zermahle sie zu Pulver und färbe dieses Pulver rot.
  2. Fülle dieses Pulver in eine hübsche Packung.
  3. Klebe ein Schild mit der Aufschrift: “Dies kann ihren Kopfschmerz erleichtern” auf die Packung. (Das ist der “Präsentations-Anteil!)
  4. Beweise dem BfArM, dass diese Produkt den Menschen nicht schadet.
  5. Damit hat man ein Präsentationsarzneimittel hergestellt. Ein Arzneimittel, von dem der Hersteller behauptet, dass es etwas bewirkt – Letztendlich aber keine Heilwirkung hat.

Mit der Definition eines Präsentationsarzneimittels wollte die EU sog. „Schlangenölverkäufern“ quasi das Wasser abgraben und den Bürger schützen. Ein Bürger kann nicht immer wissen, ob ein bestimmtes Produkt wirklich die auf der Verpackung gemachten Heilversprechen auch erfüllt. Um nun den Kunden vor solchen Heilversprechen (bzw. vor schädlichen Folgewirkungen!) zu schützen, werden einfach alle Mittel bei denen der Hersteller oder Händler  eine entsprechende Behauptung abgibt, als Präsentationsarzneimittel definiert.

Als Präsentationsarzneimittel muss ein Produkt bei dem Bundesamt für Arzneimittel und Medizinprodukte vorgelegt und von diesem genehmigt werden – Dabei muss bewiesen werden „dass das Produkt nicht schadet“.  Nach diesem Verfahren darf das Produkt nur noch in Apotheken verkauft werden (leider führt das dazu, dass viele Menschen glauben, dass Produkte aus der Apotheke „immer helfen“ – obwohl viele davon nahezu Wirkungslos sind).

Jetzt noch mal die Frage:

Ist die EZigarette ein Präsentationsarzneimittel?

Es gibt keinen seriösen Händler oder Hersteller der die EZigarette mit einem sog. „Heilmittelversprechen“ verkauft – In der Vergangenheit haben das zwar einige mit z.B. „Hilft beim Rauchstopp“ gemacht – Diese haben jedoch schnell erkannt, dass dies die Gerichte auf den Plan ruft, da sie ja dann Präsentationsarzneimittel verkaufen würden (und das dürfen nun einmal nur Apotheken!).

Die Antwort ist also:

Nein – Kein Händler/Hersteller behauptet eine Heilwirkung! – Also ist die EZigarette auch kein Arzneimittel!

Trotzdem, sieht z.B. der “Ausschuss für Binnenmarkt und Verbraucherschutz – IMCO” das anders und hat in seinem Änderungsvorschlag für die neue Tabakrichtlinie folgendes geschrieben:

Analysen haben gezeigt dass EZigaretten Chemikalien und Komponenten enthalten, welche eine Gefahr für den Verbraucher darstellen.Aus diesem Grund sollten alle Nikotinhaltigen Produkte kontrolliert werden. Andernfalls könnten Produkte unterhalb bestimmter Schwellenwerte, ohne Genehmigung auf den Markt kommen.Nicht nur die Nikotinkonzentration ist relevant, sondern die gesamte Zusammenstellung.Die Konsumenten weisen darauf hin, dass sie die EZigarette dazu benutzen um mit dem Rauchen aufzuhören und damit als Arzneimittel ansehen. Daher sollte sie (die EZigarette) nach der Richtlinie 2001/83/EG genehmigt werden.

Den Fehler, den die Mitglieder des Ausschuss IMCO hier machen ist, dass sie davon ausgehen, dass ein Rauchstopp eine medizinische Entwöhnung ist. Dies würde allerdings beinhalten, dass der EZigarettenkonsument nicht nur das Rauchen beendet, sondern auch den Nikotinkonsum verringert und innerhalb von wenigen Monaten ganz sein lässt.

Ein med. Entwöhnen findet mit der EZigarette mehrheitlich jedoch nicht statt – Vielmehr stillt der ehemalige Tabakraucher seine „Sucht“ mit einem wesentlich weniger schädlichem Produkt: Er substituiert den giftigen Tabakrauch mit ungiftigen Dampf. [5]

Nur weil die Nikotinzufuhr mit der E-Zigarette um einen Faktor 100-1000 gesünder ist, als mit der Tabakzigarette, ist die Nikotinabhängigkeit nicht beendet – nähert sich aber in Richtung der Gefährlichkeit des Kaffee- oder Teekonsums.

Und das wichtigste nochmal: Rein Rechtlich müsste schon ein Händler behaupten, dass man mit der EZigarette etwas heilen kann – da das niemand macht, ist es kein Präsentationsarzneimittel.

Wie kann es also sein, dass genau so etwas von dem Ausschuss IMCO geschrieben wird?

Eine mögliche Antwort kann eigentlich nur ein Fachmann geben – Und da hat haben die EU so viele, dass sie sogar einen speziellen Ausschuss zu dem Fachgebiet „Recht“ haben. Der Vorsitzende des Rechtsausschuss – JURI-  ist Herr Lehne. Diesen habe ich am 3. April 2013 auf dem Portal Abgeordnetenwatch genau diese Frage gestelltt und er hat auch geantwortet:

[important]Mit Ihrer Kritik an dem vorgesehenen Verbot von nikotinhaltigen Erzeugnissen, die nicht nach der „Arzneimittel-Richtlinie“ (2001/83/EG) zugelassenen sind, stimme ich im Wesentlichen überein. Man sollte sich vor Regelungen hüten, die den Zugang zu weniger schädlichen Alternativen zum Rauchen erschweren. Meiner Meinung nach ist keineswegs sicher, dass E-Zigaretten als Arzneimittel im Sinne der Arzneimittel-Richtlinie anzusehen sind. Dementsprechend habe ich in meinem Berichtsentwurf für eine Stellungnahme des Rechtsausschusses zu dem Kommissionsvorschlag die Streichung des Verbots vorgeschlagen.

Mit freundlichen Grüßen

Klaus-Heiner Lehne[/important]

 

Damit wäre zumindest das geklärt!

Rursus

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