Was die EZigarette nicht ist – Teil 3: Funktionsarzneimittel?

In den letzten Wochen und Monaten wurde immer wieder die Frage auf den Tisch geworfen, in welche Produktkartegorie die EZigarette eigentlich gehört. Diese Frage versuche ich in einer mehrteiligen Serie zu beantworten, indem ich “das Pferd von hinten aufzäume” und erkläre, was die EZigarette nicht ist.

Nachdem ich in Teil 1 geklärt habe, warum die EZigarette keine Tabakzigarette bzw. nicht ein den “Tabakwaren gleichgestelltes Erzeugnis” ist, und in Teil 2 das Präsentationsarzneimittel unter die Lupe genommen wurde, kommen wir heute zu der Frage:

 

Ist die EZigarette ein Funktionsarzneimittel?

Im zweiten Teil habe ich bei der Definition des Begriffs „Präsentationsarzneimittel“ quasi unterschlagen, dass die Richtlinie 2001/83/EG auch die Begriffsbestimmung für ein Funktionsarzneimittel enthält. Genauer gesagt, ist die Definition für ein Arzneimittel zweigeteilt – Im ersten Satz wird das „Präsentationsarzneimittel“ und im zweiten Satz das „Funktionsarzneimittel“ definiert.

In dem Abschnitt “Begriffsbestimmungen” auf Seite 5 der Richtlinie 2001/83/EG ist zu lesen:

2. Arzneimittel:

Alle Stoffe oder Stoffzusammensetzungen, die als Mittel zur Heilung oder zur Verhütung menschlicher Krankheiten bezeichnet werden;
Alle Stoffe oder Stoffzusammensetzungen, die dazu bestimmt sind, im oder am menschlichen Körper zur Erstellung einer Ärztlichen Diagnose oder zur Wiederhestellung, Besserung oder Beeinflussung der menschlichen physiologischen Funktionen angewandt zu werden, gelten ebenfalls als Arzneimittel

Dieser zweite Satz bedeutet nichts anderes als, dass ein Produkt als Funktionsarzneimittel gilt, wenn es wirklich etwas heilt! Egal ob das Produkt für eine Diagnose oder Behandlung einer Krankheit genutzt wird: Das Ziel ist hier die Heilung!

Wie stelle ich ein Funktionsarzneimittel her?

Anders als beim Präsentationsarzneimittel hat der Gesetzgeber hier erhebliche Hürden eingebaut. Vor dem Contergan-Skandal (1962) musste ein Hersteller eigentlich nur beweisen, dass sein Produkt nicht schadet und schon konnte es als „Arzneimittel“ gelten. Nach 1962 wurde das amerikanische Arzneimittelrecht angepasst und wenig später folgten neben Deutschland viele andere Länder diesem Beispiel. Die EU-Richtlinie für Arzneimittel ist hier nur der „letzte logische Schritt“. Das vorrangige Ziel der Arzneimittelrichtlinie war dabei, dass dabei die „Heilung“ im Mittelpunkt stehen sollte  und so wurde folgender (grob umrissener) Zulassungsweg für ein Funktionsarzneimittel festgelegt:

  1. Erfinde einen Stoff oder eine Stoffmischung, welche etwas heilen kann.
  2. Beantrage eine Arzneimittelzulassung.
  3. Führe langjährige klinische Studien durch – zuerst an Tieren, dann an Menschen.
  4. Beweise damit, dass das Mittel etwas heilt und möglichst wenig Schaden anrichtet.
  5. Damit hätte man dann ein Funktionsarzneimittel hergestellt. Ein Arzneimittel, dass tatsächlich etwas bewirkt (heilt).

Kann man irgendeine Krankheit mit EZigaretten heilen und/oder behandeln?

Antwort: Nein, kann man nicht – Es existiert keine Krankheit die man mit einem „Funktionsarzneimittel EZigarette“ heilen könnte.

Was dann auch die Frage beantwortet, ob die EZigarette ein Funktionsarzneimittel ist… Nein – ist sie natürlich nicht!

Trotzdem haben in der Vergangenheit mehrere Stellen versucht die EZigarette als Arzneimittel einzustufen. Der zuletzt Bundesweit bekannt gewordene Fall ist aus Nordrhein-Westfalen, bei dem die Ministerin für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter (MGEPA) in NRW, Frau Barabara Steffens, behauptet hat, dass die EZigarette ein Arzneimittel seien, weil diese pharmakologisch wirken würden und diese nur verkauft werden dürfen sofern diese eine Arzneimittelzulassung hätten. [1]

Diese Äußerungen wurden ihr letztendlich vom Oberverwaltungsgericht Münster mit Beschluss 13 B 127/12 vom 23.04.2012 untersagt. [2] Das Gericht urteilte wie folgt:

Dem Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung untersagt zu äußern:

1. „der Handel und der Verkauf von E-Zigaretten sowie von liquidhaltigen Kartuschen, Kapseln oder Patronen für E-Zigaretten sind, sofern die arzneimittel- und medizinproduktrechtlichen Vorschriften nicht eingehalten werden, gesetzlich verboten. Insbesondere nikotinhaltige Liquids dürfen nur mit einer arzneimittelrechtlichen Zulassung in den Verkehr gebracht werden. Bei nikotinfreien Liquids ist im Einzelfall anhand der Inhaltsstoffe zu prüfen, ob sie arzneimittelrechtlichen Vorschriften unterliegen. Wer gegen die genannten Vorschriften des Arzneimittelgesetzes verstößt, setzt sich der Gefahr strafrechtlicher Ahndung aus“,

2. E-Zigaretten (Applikator) und E-Liquids (Kartusche) seien Funktionsarzneimittel und unterlägen den arzneimittelrechtlichen Regelungen, also dass sie ohne Zulassung nach § 21 Abs. 1 AMG nicht in den Verkehr gebracht werden dürfen,

3. E-Zigaretten unterlägen gemäß § 2 Abs. 3 MPG Medizinproduktrecht, so dass sie nur mit einer CE-Kennzeichnung gemäß § 6 Abs. 1, 2 in Verbindung mit § 7 MPV in den Verkehr gebracht werden dürfen.

Die Vorgeschichte zu diesem Höchstrichterlichen Beschluss zu erklären, würde an dieser Stelle zu weit gehen und ist eigentlich einen eigenen Blogbeitrag wert.

 

Heiter pfeiffend,

Rursus

 

Quellen

[1] Ärztezeitung – Ministerin: Finger weg von E-Zigaretten
[2] Oberverwaltungsgericht Münster, Beschluss -13 B 127/12- vom 23.04.2012

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